Mein Verhältnis zum Lech war lange Zeit ein gespaltenes. Als Kind hatte man mich vor ihm immer wieder als „den Mörderfluss“ gewarnt. Wie dieses Wort entstand, kann ich heute nicht mehr sagen. Ich glaube es waren unvorsichtige Jugendliche beim Baden ertrunken.  Jedenfalls war der Lech wie er da so träge, tief eingegraben, schnurgerade und dunkelgrün an Augsburg vorbeifloss, lange Jahre für mich kein Ort den ich aufsuchen wollte. Allein seine Trails hatten es uns als Kids ab und an mit dem Mountainbike angetan. Felix, einer meiner Trainingspartner und Freunde war ein regelrechter Lech-Fan! Und somit war es Teil der Fairness, dass wir nicht immer nur meine, sondern ab und an auch seine Runden aufsuchten, um uns auszutoben. Packte Felix dann die Badehose aus und sprang ins Wasser, hatte ich – am Ufer verbleibend – jedoch stets ein Wort im Kopf: Mörderfluss! Und ich meine mich zu erinnern: Irgendwo, eine Hirnwindung weiter, lief auch die Titelmelodie des „Weißen Hai“.

Die Zeit schien stillzustehen.

Als ich dann viel, viel später mit Schwarzfuchs begann, fuhr ich eines Tages mit dem Bike allein nahe Schongau am Lech entlang gen Süden, verfuhr mich – meistens der Anfang von tollen Erlebnissen – und stand nach ewiger Irrfahrt durch Felder und Wälder, mein Rad geschultert, mitten im Gebüsch an den Ufern eines Flusses. Hellgrünes Wasser umgurgelte weiße Kiesinseln,  wie pfeilschnelle Diamanten schossen zwei Eisvögel nur eine Handbreit darüber hinweg. Am Horizont gaukelten Rotmilane. Ein Pärchen im Kanu glitt wortlos grüßend vorüber. Die Zeit schien stillzustehen. Ich kratzte mich am Kopf, blinzelte in die Sommersonne und fühlte mich wie in ein anderes Land versetzt. Nichts war zu hören, außer dem Fluss. Ich legte mein Bike beiseite – etwas, das ich damals noch sehr selten tat – und begann einfach an seinem Ufer entlang zu schlendern. Das Training war für eine Stunde vergessen.

Später kramte ich meine Karte heraus, vollzog meine Irrfahrt mit dem Finger nach und kam erstaunt zu dem Schluss: Ich hatte am Lech gestanden! Hier genannt, die Litzauer Schleife. Fortan begann ich mich zu fragen, warum der Lech nahe Augsburg so ganz anders aussieht und ob er wohl noch andere Kleinode für mich bereithält. Mein Interesse an Themen wie „Renaturierung“, „Licca liber“ und „Wasserkraft“ war geweckt. Und ich beschloss, „den Yukon Bayerns“ irgendwann einmal von der Quelle bis nach Augsburg zu bereisen – die Grundidee zu #LICCA17. Und der Beginn einer neuen Leidenschaft in diesem Jahr: Dem Kajakfahren.

Immer wieder zieht es mich seit meinem Aha-Erlebnis nun an den Lech. Vor allem südlich von Landsberg ist seine ursprüngliche Wildheit zwischen den diversen Steilufern teilweise noch sehr eindrucksvoll zu erahnen. Zwischenzeitlich packe ich bei meinen Entdeckertouren sogar die Badehose ein! Ein weißer Hai ist mir dabei übrigens noch nicht begegnet.

Die Alpen

Augsburg

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