Das Handy klingelt, ein Forscher ist besorgt: Sein Mess-PC ist abgestürzt und muss wieder kalibriert werden. Das kann der Wissenschaftler in diesem Fall aber nicht wie sonst via Internet regeln – das Schneefernerhaus hat extra dafür eine 100 MBIT-Leitung ins Tal – sondern Till muss ran. Ein paar Handgriffe und alles ist erledigt.

Gerade wollen wir die LIDAR-Messkuppel ganz oben auf dem Dach besuchen, da zeigt Till auf eine exotische Raupenkonstruktion mit Schaufel: „Sehr wichtig für uns: Eine batteriebetriebene Schneefräse um unsere Geräteterrassen zu räumen. Batterie deshalb, weil ein Verbrennungsmotor mit seinen Abgasen die feinen Sensoren sämtlicher Luftmessungen irritieren würde.“ Kein Witz: Ist auf dem Platt der Pistenbulli zu Gange, müssen im Schneefernerhaus schon mal die entsprechenden Messsequenzen markiert, also quasi für „ungültig“ erklärt werden. Man will ja Durchschnittswerte der vergleichsweise reinen Bergluft über Deutschland und nicht lokale Sonderereignisse vom Skilift messen.

E-Schneefräse: Das Ergebnis einer Masterarbeit und für die Station sehr wichtig.

Intensivstationfeeling: Die Messtelle des Umweltbundesamts und des UN-Programms Global Atmosphere Watch (GAW). Mehrere solcher Stationen sind rund um den Globus verteilt.

In den Flaschen: Genormte Luft, die es den GAW Forschern ermöglicht, ihre Geräte zu eichen und die Messungen weltweit miteinander in Bezug zu setzen. Die Flaschen kommen aus einem Speziallabor in den USA. Eine Flasche Luft kostet rund 8.000 Dollar. „Erzähle das mal dem Zoll, dass da nur Luft drin ist“, lacht Till.

Highspeed-Schlitten: Dr. Till Rehm neben dem außergewöhnlichen Meßgerät des Max-Planck Instituts für Dynamik und Selbstorganisation.

Die hochsensiblen Installationen des hier präsenten Umweltbundesamts zum Beispiel, überwachen als Teil des UN-Programms „Global Atmosphere Watch“ anhand genauester Luftanalysen die Einhaltung unterschiedlichster internationaler Umwelt- und Klimaschutzabkommen. Kleinste Mengen der beobachteten Stoffe genügen, um die Kurven zum Ausschlag zu bringen. „Auch wenn irgendwo auf der Welt ein Atomtest durchgeführt wird, oder ein atomares Problem besteht, würden wir das merken“, verrät Till und zeigt dabei auf ein Diagramm an der Wand: „Der Ausschlag hier stammt von dem Vorfall in Fukushima.“

Auf dem Dach des Schneefernerhauses schüttelt Till den Schnee auf einer weißen Plane beiseite. „Hier drunter ist das momentan sicher abgefahrendste Gerät unserer Station. Ein Schlitten, der es mehreren Highspeedkameras erlaubt, gleichzeitig und über fünf Meter einem einzigen Tröpfchen in einer durchziehenden Wolke zu folgen.“ Das Ziel dieser Grundlagenforschung: Die Wissenschaftler wollen Mechanismen erkennen, die es ermöglichen vorherzusagen, wann bzw. warum es aus der einen Wolke regnet und aus der anderen nicht. Das ist wichtig für das Management rund um die vergrößerten Niederschlagsmengen, die im Zuge des Klimawandels zu erwarten sind.

PARSIVEL (PARticleSIze and VELocity): Eine Art Lichtschranke für Wolken. Till: „Mehr über das Niederschlagsthema zu wissen, ist im Zuge des Klimawandels entscheidend, denn Starkregenereignisse und  Hochwasser werden zunehmen.“

LIDAR: Ganz oben auf dem Schneefernerhaus steht diese Konstruktion. Öffnet sich die weiße Kuppel, schießt ein Laser sein Licht bis in 40 Kilometer Höhe. Anhand der gemessenen Reflexion wird der Wasserdampfgehalt der Atmosphäre bestimmt. Wasserdampf wird für einer der bestimmenden Faktoren des Klimawandels gehalten.

Ein paar Meter weiter bleiben wir an einer Art Wolken-Lichtschranke stehen. Zieht eine der zahlreichen Wolken hier oben – im Sommer ist es am Schneefernerhaus zu 50% der Zeit bewölkt –  über die Station hinweg, unterbrechen die darin schwebenden Tröpfchen den Laserstrahl je nach Größe mehr oder weniger lang. Aus solchen Messungen lassen sich mit der Zeit Rückschlüsse über das mögliche Niederschlagsverhalten von Wolken ziehen.

Wir stehen schlussendlich unter dem LIDAR – einem Hightech-Laser, der den Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre misst – als mir klar wird, dass sich ein Großteil der hiesigen Forschungen und Messungen zum Klimawandel auf Wolken und Wasserdampf konzentriert. „Das sind ja auch nach wie vor die größten Unbekannten in den aktuellen Klimamodellen“, antwortet Till und ergänzt: „Überleg doch mal: Ist es nachts sternenklar, ist es doch viel kälter, als wenn Wolken die Abstrahlung der Erdwärme in den Himmel verhindern. Die Wolken machen den Unterschied. So ähnlich ist es auch mit dem Weltklima.“

Kamerastativ: Blick über das Stativ mit mehreren Webcams hinauf zum vernebelten Zugspitzgipfel. Die Kameras zeichnen parallel zur Wasserdampfmessung die Bewölkung auf. Und sie „bewachen“ die Messstationen auf den Terrassen rund um die Station. Damit erlauben sie es den Forschern, auftretende  Messanomalien wie stark erhöhte CO2-Werte im Nachhinein auf Sondereffekte direkt am Gerät zurückzuführen. Etwa eine Besuchergruppe, deren Atem fälschlicherweise „mitgemessen“ wurde. „Solche Ereignisse werden aus den Messreihen dann ausgeklammert“, erklärt Till.

Zu Teil 3 der Reportage: LINK

Zu Teil 1 der Reportage: LINK