Wie wird das Wetter morgen in den Alpen? Wird es heiß, regnerisch, oder gar gewittrig und wenn ja: Wann genau? Die Alpenwettervorhersage ist für alle Berg- und Tourenfreunde eine zentrale Komponente bei der Planung ihrer Vorhaben.  Beeinflusst der Klimawandel eigentlich die Genauigkeit dieser Wettervorhersagen und wenn ja: Wie?

Ich habe kurz „Mr. Wetter“, Jörg Kachelmann, dazu befragt.

Frage: Was genau ist denn der Unterschied zwischen Klima und Wetter?

Kachelmann: Wetter ist das, was wir sehen, wenn wir kurz zum Fenster hinausschauen. Klima ist das, was die Nachbarin sieht, wenn sie 30 Jahre aus dem Fenster hinausschaut.

Frage: Wenn Sie die Klimawandelthematik aktuell so betrachten. Was heißt das (theoretisch) für Ihre tägliche Arbeit rund um das Thema Wettervorhersage im Gebirge / den Alpen?

Kachelmann: Eigentlich ist die Auswirkung am direktesten dort, wenn es um Hochwasservorhersagen geht. Eine höhere Schneefallgrenze bringt sehr viel mehr Wasser, was in die Bäche und Flüsse kommt. Regenwetterlagen gingen früher fast immer mit tiefer Schneefallgrenze einher, in den letzten Jahren gab es zum Teil Starkregen bis gegen 3000 Meter Höhe hinauf.

Frage: Ist aktuell denn schon eine Veränderung der Rahmenbedingungen für Ihre Wettervorhersage festzustellen? Werden z. B. Schwankungsbreiten innerhalb eines vorhergesagten Wetterphänomens (z. B. Regen – Starkregen) größer, oder ist die konkrete Vorhersage eines bestimmten Phänomens an sich (Regen / Sonne / Gewitter) schwieriger? Wird alles also eher „nur“ ungenauer, oder gleich die ganze Vorhersage an sich unsicherer? Oder merkt man da gar nichts?

Kachelmann: Eigentlich merken wir nichts, die Wettererscheinungen finden einfach auf einem anderen Niveau statt, weil bei höheren Temperaturen auch mehr Energie in der Luft ist und die Wettererscheinungen stärker werden – aber nichts, was die Arbeit generell schwieriger macht.

Frage: Gibt es Gebiete in den Alpen, in denen das Wetter einfacher / schwerer vorherzusagen ist als anderswo – warum ist das so?

Kachelmann: Es ist eine alte Räubergeschichte, dass Vorhersagen im Gebirge viel schwieriger seien. Es hat damit zu tun, dass die meisten Vorhersagen heute automatisch ausgegeben werden. Was fast alle Leute auf ihrer Wetter-App haben, beruht auf einem Computermodell, dessen Vorhersagepunkte 20 bis 30 Kilometer auseinanderliegen. Diese Wettermodelle wissen nichts davon, wo ein Tal oder ein Berg ist, es alles irgendwie gleich hoch. Deswegen sind die Ergebnisse dann so furchtbar: Föhnstürme auf den Bergen finden nicht statt, nächtliche Kälte in den Tälern auch nicht und die Vorhersage ist generell unbrauchbar. Deswegen haben wir für Mitteleuropa und für die ganzen Alpen unser Modell mit einer Maschenweite von 1×1 km. Da kann man jeden Ort oder Berg hier eingeben, oder verschiedene Messgrössen hier für alle Alpenländer in der Kartenansicht Stunde für Stunde betrachten. Die Unterschiede sind gewaltig, wenn man zum Beispiel auf den Grafiken (Anm. d. Red.: siehe Grafiken oben) vergleicht, wie herkömmliche Vorhersagen für ein Alpental aussehen und wie das bei uns der Fall ist.

Frage: Thema Schnee. Das war ja in diesem Winter in den Alpen eher mau. Ist das aus Ihrer Sicht ein „normales“ Wetterphänomen, oder ist das doch schon mit dem Klimawandel zu erklären. Wird sich der Alpen-Wintersportler in den nächsten Jahren also auf mehr solche Winter einstellen müssen?

Kachelmann: Das ist eine Klimaforscher-Frage. Ich bin kein Klimaforscher. Ich weiss, dass jeder hergelaufene Wetteransager oder Wetteransagerin im Fernsehen ohne meteorologisches Hintergrundwissen für viel Geld Vorträge über Klimawandel halten, aber so verzweifelt bin ich noch nicht, um über Dinge zu erzählen, von denen ich zu wenig weiss.

Frage: Mit den Langzeitvorhersagen ist es ja generell so eine Sache. Ab wann kann man eigentlich einem Bergwetterbericht trauen – am Vortag, oder schon zwei, drei Tage bzw. noch früher?

Kachelmann: Das kommt auf die Wetterlage an – deswegen gibt’s bei uns die Vorhersage XL auf unserer Seite, die verschiedene Modelle miteinander vergleicht. Liegen die Linien zusammen, kann man der Vorhersage glauben, laufen sie auseinander, ists vorbei. Das passiert manchmal nach einem, manchmal nach acht Tagen.