Die Nummer zwei meiner drei Riesen wäre also geschafft. Oder wie @Kultur_Natur es auf Twitter ausdrückt: „Glückwunsch, da waren’s nur noch einer“.
Aber was für einer! Rechnet man die zweihundert Kilometer Anfahrt per Bike bei knapp vierzig Grad im Schatten auf dem monotonen Inntalradweg samt vollbepacktem Rucksack hinzu, so war der Watzmann im Nachhinein betrachtet für mich wohl die härteste Nuss.

Aber nicht nur für mich. „… hast Du da oben irgendwo unseren Alten gesehen?“ werde ich an der Stubenalm auf halber Höhe vom Watzmann besorgt gefragt, als ich am Nachmittag meines letzten Tourtages glücklich und mit dem dritten Gipfel im Gepäck wieder auf mein dort geparktes Bike steigen und ins Tal fahren will. Ich hatte! Nur wenige Meter oberhalb des Watzmannhauses war mir in der Tat jemand entgegengekommen, auf den die nachgeschobene Beschreibung nur zu gut passte: Freundliches Gesicht, grauer Vollbart, offenes Hemd, grüner Schlapphut und statt Rucksack eine alte Plastiktüte in der Hand. Unbeirrbar war er an mir vorbei gen Gipfel gestapft, als müsste er unbedingt dort hoch. Höflich grüßend, schwer atmend und mit unendlich langsamem Schritt. Das meiste und härteste an Wegstrecke bei Weitem noch vor sich.

Wie aus dem Nichts war der alte Mann am Vorabend aus Tschechien kommend wohl an der Stubenalm aufgetaucht, um die Nacht allein im Freien zu verbringen und heute Morgen mit seinen zweiundsiebzig Jahren schließlich gen Gipfel zu starten. In seiner Tüte nur eine Flasche Bier, gekauft auf der Alm. Mit einem sorgsam gefalteten 100-Euro-Schein.

Der Watzmann, lernte ich, ist nicht nur der Sage nach ein Schicksalsberg. Man bekommt ihn nicht geschenkt und nur die wenigsten gehen „einfach so“ auf seinen Gipfel. Die meisten verbinden damit etwas Symbolhaftes, einen Anfang, oder einen Abschluss von irgendetwas. Man muss nur einmal aufmerksam den Gesprächen auf den Hütten oder im Internet lauschen. Was den alten Mann wohl auf „seinen“ Berg trieb? Ich habe es nicht erfahren.

Erst als ich wenig später etwas nachdenklich wieder unten an der Wimbachbrücke stehe, wird mir klar, dass der Gipfel des Watzmanns auch für mich ein Abschluss war. Ja die Krönung meiner „drei Riesen“ und eines Abenteuers, das mich über sechs Tage per Bike und zu Fuß auf die drei höchsten Berge Deutschlands geführt hat. Ein #adventuredahoam – ein Riesenerlebnis direkt vor der Haustüre. Da biegt Hans auch schon in den Parkplatz ein, räumt mein Bike ins Auto und fährt mich nach Hause. Erst später, im Unwetter auf der Autobahn bei Landsberg realisiere ich: Mein Projekt „#3Riesen“ – ich habe es geschafft! geschafft! geschafft!