Der Mann mit dem Hammer

Überrascht spüre ich am Morgen den steilen Weg hinauf von Ehrwald zur Ehrwalder Alm und ins Gaistal, wie die Kraft in meine Beine zurückkehrt. Als ich jedoch nach Leutasch und Mittenwald siebzig Kilometer später Vorderriss erreiche, erwischt mich dort der sprichwörtliche „Mann mit dem Hammer“. Völlig platt schleppe ich mich von da an von Kiosk zu Gasthof und von Pepsi zu Cola das Isartal entlang, bis hin zum Achensee. Danach ist Schluss und ich muss die Route ändern. Die finalen fünfhundert Höhenmeter zur Gufferthütte: Heute sind sie nicht drin – „Grenzerfahrung Alpengrenze“…

Ich sinniere noch ein wenig über „hätte, wenn und aber“, gönne mir daraufhin ein opulentes Abendessen und schlüpfe relativ zufrieden in das Bett einer kleinen Pension in Steinberg (Rofan). Von jetzt an gilt es konsequent von Tag zu Tag und von Stunde zu Stunde zu denken. Und morgen ist „Stephanstag“: Ich treffe Stephan und sein neues Wohnmobil in Reit im Winkl. Alles wird gut.

Stephanstag

Die Sonne brennt mir auf den Rücken. Es ist warm. Vielleicht zum ersten Mal während meiner Tour. Pommesgeruch, Sonnemilch und Kinderlachen wehen zu mir herüber. Ein verirrter Wasserball streift meine Hand. Dösend liege ich nach meiner heutigen Etappe im Schatten einer Eiche am Beckenrand des Freibads von Reit im Winkl, warte auf Stephan und lasse die letzten Tage meines Abenteuers revue passieren.

Natürlich hatte ich mir die ganze Sache ein wenig anders vorgestellt. Etwas entspannter. Trotzdem war ich irgendwie glücklich, es unter diesen Bedingungen überhaupt bis hierher geschafft zu haben.

„…Markus?“ verschlafen schrecke ich aus meinem kleinen Tagtraum hoch, wische meine Gedanken beiseite und erkenne blinzelnd Stephans Silhouette im Gegenlicht der tiefstehenden Sonne. Die Liegewiese um mich herum hat bereits begonnen, sich zu leeren.

„Sorry, ich stand zwei Stunden im Stau. Das mit dem Freibad von Reit im Winkl als Treffpunkt war eine gute Idee. Lass uns was zu Essen einkaufen und zum Campingplatz fahren“, schlägt Stephan vor. „Morgen schläfst Du Dich den ganzen Tag mal richtig aus und übermorgen hole ich Dich nach Deiner letzten Bikeetappe dann in Berchtesgaden am Bahnhof ab – wirst sehen, Du schaffst das“.

Er sollte Recht behalten.

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